Paul Rechsteiner, SGB-Präsident, Ständerat SG/SP zum Ausgang der AHVplus-Abstimmung
Liebe Freundinnen und Freunde der AHV
Natürlich hätten wir mit AHVplus gerne den ersten direkten Erfolg einer Volksinitiative für einen sozialpolitischen Fortschritt gefeiert. Trotz einer engagierten Kampagne hat es für die gutbegründete Forderung leider am Schluss nicht gereicht. Das Resultat lässt sich in einem widrigen politischen und medialen Umfeld aber mehr als sehen: Gegen eine Million Menschen für einen Ausbau der AHV, ein Stimmenanteil von über 40% und Ja-Mehrheiten im französisch- und italienischsprachigen Landesteil. Das ist eine gute Basis für die kommenden Auseinandersetzungen um die Altersvorsorge.
In der nächsten Phase geht es um das Reformpaket „Altersvorsorge 2020“. Dieses steht und fällt damit, ob die Rentenverluste bei den Pensionskassen über die AHV ausgeglichen werden. Die im Ständerat breit abgestützte Lösung mit einem AHV-Rentenzuschlag für Neurentner wäre ohne AHVplus nie zustande gekommen. Sie ist der Massstab für das Gelingen einer Reform.
Wurde die AHV als wichtigste Sozialversicherung der Schweiz in den letzten zwanzig Jahren systematisch schlecht geredet, so konnte mit AHVplus das Tabu der Rentenverbesserung bei der AHV endlich gebrochen werden. Wie der Abstimmungskampf gezeigt hat, bleibt aber noch viel zu tun: Vor allem in der Deutschschweiz. Viel zu viele wissen nicht oder nicht mehr, wie die AHV funktioniert. Verheerend wirkt sich aus, wie weit es den Feinden einer starken AHV gelungen ist, mit massiver medialer Unterstützung einen Kampf der Generationen auszurufen und Junge gegen Ältere aufzuhetzen. Auch hier ist wieder Grundlagenarbeit nötig. Die AHV steht für einen erfolgreichen Ausgleich auch unter den Generationen, und überhaupt für das tragfähige Prinzip der Solidarität. Dabei geht es um nicht weniger als um die Zukunft der schweizerischen Gesellschaft.
Unabhängig vom Paket „Altersvorsorge 2020“ gehört eine Verbesserung der AHV-Renten auch in Zukunft wieder auf die Agenda. Die heutigen Erwerbstätigen und künftigen Rentnerinnen und Rentner sind mit dramatischen Verschlechterungen ihrer Pensionskassenrenten konfrontiert. Wegen der tiefen Zinsen an den Kapitalmärkten sind die Renten der Pensionskassen unter Druck wie noch nie. Was die Versicherten bis jetzt erleben mussten, ist nur der Anfang flächendeckender Rentensenkungen. Die Leute zahlen immer mehr, erhalten aber trotzdem schlechtere Leistungen. Abhilfe schafft auf die Dauer nur ein Ausgleich über die AHV. Denn sie ist nicht von den Kapitalmärkten abhängig.
Aber auch bei den heutigen Rentnerinnen und Rentnern braucht es auf die Dauer einen Ausgleich. Zu gross ist der Rückstand auf die Entwicklung der Löhne und der Lebenshaltungskosten inzwischen geworden. Warum nicht einen Zuschlag für die davongaloppierenden Krankenkassenprämien thematisieren?
Wir stehen bei der AHV wieder in einer epochalen Auseinandersetzung. AHVplus war die erste Etappe auf dem Weg zu besseren AHV-Renten. Die nächsten Etappen müssen und werden folgen. Auch in Zukunft kommt es dabei entscheidend auf die Gewerkschaften an.
Freundliche Grüsse
Paul Rechsteiner, Präsident Schweizerischer Gewerkschaftsbund SGB