"Heiratsstrafe" bei den Löhnen, nicht aber bei den Zwangsabgaben
Allen Unkenrufen zum Trotz ist die so genannte Heiratsstrafe bei den Zwangsabgaben des Bundes und der Kantone abgeschafft. Das zeigen verschieden Publikationen des Bundes, welche neben den Einkommenssteuern auch die Sozialversicherungen berücksichtigen. Eine solche Gesamtschau zeigt sogar, dass Ehepaare netto weniger belastet werden als Konkubinate (Studie ESTV zu Steuern, Botschaft zu CVP-Initiative für Sozialversicherungen).
Negativ ist der Einfluss der Ehe hingegen bei der Entlöhnung der Frauen, wie eine kürzlich veröffentlichte Studie des BFS zeigt. So verdienen verheiratete Frauen bei sonst gleichen Voraussetzungen knapp 3 Prozent weniger als ledige. Bei den Männern gibt es hingegen einen Verheiratetenbonus. Verheiratete Männer haben rund 4.4 Prozent mehr Lohn als identische ledige Männer. Wer die „Heiratsstrafe“ beseitigen will, muss deshalb bei den Löhnen der Frauen und nicht bei den Zwangsabgaben ansetzen.
Verschiedene Stimmen behaupten, dass der statistisch festgestelle Verheiratetenmalus der Frauen ein Indikator dafür sei, dass die fehlende Information zur Berufserfahrung in der Lohnstrukturerhebung die Lohndiskriminierung überschätzen würde. Sie sehen sich in ihrer Behauptung durch die bei Ledigen wesentlich tiefer geschätzte Lohndifferenz bestärkt. Doch dieser Schluss ist zu vorschnell. Es dürfte zwar zutreffen, dass verheiratete Frauen häufiger Erwerbsunterbrüche aufgrund von „Kinderpausen“ aufweisen als ledige. Doch diese Erwerbsunterbrüche dürften nur einen Teil der Lohndifferenz erklären. Selbst wenn die Lohnstrukturerhebung valide Informationen zur Berufserfahrung beinhalten würde, würden statistische Auswertungen eine Lohndiskriminierung (nicht durch andere Faktoren erklärbarer Lohnunterschied) zu Tage fördern. Das zeigen Studien für andere Länder, welche mit Informationen zur Berufserfahrung arbeiten.
Erstens hat sich nämlich die Berufserfahrung der Frauen und der Männer über die Zeit angenähert. Frauen sind häufiger erwerbstätig und unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit wesentlich seltener, wenn sie Kinder haben. In den USA hat sich die Erfahrungsdifferenz zwischen Frauen und Männern von 7 Jahren (1981) auf 1.4 Jahre (2011) reduziert.
Zweitens spielt die Berufserfahrung wie erwartet eine Rolle beim Lohnniveau. Doch sie darf nicht überschätzt werden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass sich zusätzliche Berufserfahrung bei den Frauen weniger auszahlt als bei den Männern. In den USA kann die Berufserfahrung rund 15 Prozent der Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern erklären. Ein grosser Teil der Lohndifferenz zwischen den Geschlechtern ist nicht durch objektive Faktoren erklärbar, selbst wenn man die Berufserfahrung berücksichtigt.
Es braucht deshalb verbindliche Massnahmen gegen Lohndiskriminierung.