Altersvorsorge: Wichtige neue Fragen zu Lebenserwartung, Säulengewichtung im Tiefzinsumfeld u.a. Warum schreiben NZZ und Co. bei der profitorientierten UBS ab?
Eine Schlüsselrolle im Abstimmungskampf gegen die AHVplus-Initiative spielt die UBS. Sie verdient u.a. Geld, wenn sie ihren Kunden private Vorsorgelösungen verkauft (3. Säule). Um Werbung für diese Lösungen zu machen, redet sie in ihren Kundenbroschüren mittlerweile nicht nur die AHV, sondern auch die 2. Säule schlecht. Und empfiehlt die 3. Säule – diejenige Altersvorsorge mit der schlechtesten Rendite (Verzinsung bei der UBS: 0.5 Prozent)! Gegen die AHV schiesst sie schon lange, weil mit ihr eine Generationen-Ungerechtigkeit verbunden sei (Junge zahlen für Alte). An der AHV verdient die UBS kaum etwas (abgesehen von einer regen Geschäftstätigkeit mit dem AHV-Fonds).Viel mehr Geld verdient sie in der 2. Säule – über die Anlagen der Pensionskassen. Das Verhalten der UBS lässt sich ökonomisch erklären. Man erlaube hier noch die Zusatzbemerkung, dass die Bank 2008 ohne die internationalen Rettungskationen den kommenden Generationen um ein Haar eine gigantische Schuld hinterlassen hätte. Die Argumentation und die Zahlen der UBS werden heute in der NZZ für einen Kampagnenartikel gegen AHVplus fast 1:1 übernommen. Ein paar echte eigene Überlegungen hätten sich lohnen können.
Erstens ist der Betriff der Generationengerechtigkeit alles andere als trivial. Streng genommen gibt es in einem Land keine Generationen, da viele Altersgruppen gleichzeitig leben Doch das ist nicht entscheidend. Wichtiger ist es, dass zwischen Kindern, Eltern, Grosseltern etc. ein Geflecht von Beziehungen, Leistungen und Gegenleistungen besteht. Auch ökonomisch wäre dem Rechnung zu tragen. So hüten Grosseltern beispielsweise ihre Enkel, damit die Eltern berufstätig sein können. Die Grosseltern zahlen über Steuern die Ausbildung der Enkel mit usw. In vielen Fällen wohnen die Generationen an ganz anderen Orten oder sie sind beruflich sehr engagiert und können sich nicht um ihre Eltern kümmern, wenn diese teilweise pflegebedürftig sind. Sie sind froh, wenn die Pension der Eltern ausreichend ist, dass diese sich entsprechende Dienstleistungen leisten können.
Zweitens basieren diese Berechnungen auf Zukunftsszenarien, welche in hohem Masse fehleranfällig sind. Ein düsteres Kapitel sind die früheren, eklatant falschen AHV-Szenarien des Bundes. Die Annahmen in Bezug auf die Einnahmen der AHV (Lohn- und Beschäftigungsentwicklung) sind besonders unsicher. Doch auch in Bezug auf die Lebenserwartung gibt es neue Fragen, welche man in einer „Qualitätszeitung“ aufwerfen könnte. Italien hat das Rentenalter bei der Reform im 2011 an die Statistiken zur Lebenserwartung geknüpft – mit der Vorstellung, dass diese steigt. „Dummerweise“ geht die vom statistischen Amt erhobene Lebenserwartung jedoch zurück, was zu einer völlig neuen Ausgangslage führt. Auch in der Schweiz ist das Wachstum der Lebenserwartung in den letzten Jahren ins Stocken geraten. Wenn man diese Entwicklung in die Zukunft fortschreibt, kommt man für 2030ff. auf wesentlich tiefere Schätzungen für die Lebenserwartung als die Bundesstatistiker in ihren Szenenarien. Das wäre genauer zu untersuchen.
Doch selbst mit den gegenwärtigen Annahmen des Bundes wäre die AHV bis weit ins nächste Jahrzehnt mit einem zusätzlichen MWSt-Prozent finanziell im Gleichgewicht. Das entspricht nicht einmal einer Lohnerhöhung um 1 Prozent. Angesichts der kolportierten Panikszenarien ein faszinierend geringer Zusatzaufwand.
Wer die Entwicklung in der Altersvorsorge nur einigermassen ökonomisch anschaut, sieht die Probleme denn auch an einem ganz anderen Ort. Nämlich bei den starken Rentensenkungen in der 2. Säule, welche vor allem die Generation der heute 50 bis 62-jährigen stark trifft. Wegen der Finanzkrise sind die Zinsen tief bzw. negativ. Mit dem Kapitaldeckungsverfahren lässt sich momentan kaum etwas verdienen. Eine Kompensation dieser Rentenausfälle in der 2. Säule kommt viel zu teuer. Deshalb drängt sich eine Erhöhung der AHV auf. Die 2. Säule hat in den Zeiten der prosperierenden Finanzmärkte eine wichtigere Rolle gespielt. Nun ist wieder die 1. Säule am Zug. Das ist ja auch ein Vorteil des Schweizer Systems. Je nach Konstellation kann die 1. oder die 2. Säule eine relevantere Rolle spielen.
Finanziell das schlimmste Szenario für die jungen Erwachsenen wäre, wenn sich die UBS mir der 3. Säule durchsetzen würde. Dank der AHV kommen die jüngeren Generationen zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis zu einer ansprechenden Altersrente. Müssten sie dieselbe Rente in der 3. Säule ansparen, käme sie das mehrere Hunderttausend Franken teurer zu stehen.
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